Interview mit Elisabeth Salmhofer zum Thema „spannungslösendes Weinen“

18 Okt, 2022

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Daniela Scheurer - Pikler SpielRaum Burgenland

Hallo, hier schreibt Daniela.

Ich unterstütze dich dabei, eine respektvolle und authentische Beziehung zu Kindern zu leben, ohne dabei deine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Auf meinem Blog findest du Infos zur Pikler-Pädagogik, Tipps rund um das Leben mit Kindern, sowie Spielideen und Geschichten. Mach es dir einfach, lehn dich zurück und genieße.

Meine Kollegin Elisabeth Salmhofer ist Expertin für spannungslösendes Weinen und hat ihren ersten Gedanken daran, ein Buch zu schreiben, im Juni 2018 mit uns geteilt. Mit „Uns“ meine ich die Pikler-Kolleginnen der SpielRaum-Arbeitsgruppe, die sich seit vielen Jahren regelmäßig zur Reflexion und Austausch trifft.

Bereits ein Jahr später präsentierte sie ihr Werk. Innerhalb kürzester Zeit hat sie also ihre Gedanken zum Thema Weinen zu Papier gebracht, die sich wirklich flüssig lesen, stimmig erscheinen und voll sind mit Erfahrungberichten sowie Tipps für alle geplagten Eltern. Eltern, die alles richtig machen wollen, alles dafür tun, damit es ihrem Baby gut geht. Und dennoch: die abendlichen Schreiphasen, bzw. nächtlichen lautstarken Unterbrechungen hören einfach nicht auf. Was kann man als Elternteil also tun, damit das Schreien aufhört? Oder soll es das gar nicht?

Elisabeth beantwortete mir einige Fragen zum Thema spannungslösendes Weinen und gab damit nähere Einblicke in ihr Buch preis.

Elisabeth, in deinem Buch „Babys und Kleinkindern eine Sprache geben“ schreibst du über das spannungslösende Weinen von Menschen jeden Alters. Was bedeutet „spannungslösendes Weinen“ für dich?

Wenn mein Körper anspannt ist, hat das sicher verschiedene Gründe. Es gibt Spannungen, egal ob ich sie spüre oder nicht, die sich auf Grund von Überforderungen jeder Art, im Körper ablegen. Bei Kinder sind das sehr oft unverarbeitete Erlebnisse oder Erfahrungen, da die Welt für sie noch sehr neu ist. Das kann man teilweise gar nicht verhindern.

Diese Anspannung löst sich wunderbarerweise durch das Weinen wieder auf. Das ist mittlerweile auch wissenschaftlich nachgewiesen. So kann man z.B. beim Cortisol-Spiegel sehen, dass der nach dem Weinen wieder ganz unten ist. Das bedeutet, dass durch das Weinen auch die Anspannung im Körper weg oder weniger ist und das fühlt sich natürlich viel besser an als vorher.

Auch Erwachsene, die sich ab und zu erlauben zu weinen, wenn sie entweder sehr traurig, überfordert, traumatisiert oder sehr angespannt sind, können anschließend die Erleichterung spüren. Genau das gleiche erleben Kinder nach dem Weinen. Meistens wissen sie gar nicht mehr, warum sie eigentlich zu weinen begonnen haben. Danach geht es ihnen wieder gut und sie gehen fröhlich ihrem Spiel nach, lösen Probleme, machen die Hausübung schnell fertig und können wieder kooperieren.

Das verstehe ich unter dem spannungslösenden Weinen.

Elisabeth geht in ihrem Buch auch darauf ein, wie man in dieser schwierigen Situation bei sich bleiben kann und sein Baby beim Weinen begleiten kann.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als du uns bei einem Arbeitstreffen irgendwo in einem steirischen Häuschen eröffnet hast, dass du ein Buch über das spannungslösende Weinen schreiben wirst. Wie bist du zu diesem Thema gekommen und warum war es dir so wichtig, dass du sogar ein Buch darüber geschrieben hast? 

Nach der Geburt unseres Sohnes waren wir mit dem Thema Weinen konfrontiert. Gar nicht so direkt am Anfang, denn es ging zuerst darum, dass er tagsüber nur ganz kurz geschlafen hat. Wenn er im Arm eingeschlafen war, wachte er meistens sofort wieder auf, wenn ich ihn in die Wiege legen wollte. So nach und nach hat auch das Einschlafen am Abend nicht mehr so gut funktioniert und dann hat mir eine Stillberaterin das Buch „Warum Babys weinen?“, von Aletha Solter empfohlen.

Da wurde mir gleich klar, dass er vor lauter Anspannung nicht gut einschlafen konnte oder sehr oft wieder aufwachte, obwohl er noch gar nicht ausgeschlafen war. Als wir ihm erlaubten zu weinen, wenn ihm danach war, hat sich das sofort verändert.

Wir haben ihm das Weinen vorher auch nicht verboten, wie soll das bei einem Baby funktionieren? Aber natürlich kann man das Baby vom Weinen ablenken, mit Stillen, herumtragen, ihn schaukeln oder Spielsachen reichen usw.

Ich begleite seit mehr als 20 Jahren Familien und diese Erfahrung konnte ich dann immer wieder beobachten. So wurde es mir immer wichtiger, über das spannungslösende Weinen mit den Eltern zu sprechen. Auch im Austausch mit meinen Kolleginnen wurde ich zu diesem Thema öfter befragt. Ich wurde eingeladen, Artikel über das Weinen zu schreiben und da bemerkte ich, dass die Angst falsch verstanden zu werden, und dass dann vielleicht irgendwo ein Kind unbegleitet alleine weinen müsste, zu groß war.

Ich wollte dann nur für mich die wichtigsten Punkte notieren und begann zu schreiben. Als ich dann schon bei über 20 A4 Seiten war, fragte ich meine Freundin, die Grafikerin ist, ob sie das Layout übernehmen würde. Nachdem sie ja dazu sagte, wurde es eine tolle Zusammenarbeit und auch die Lektorin passte prima zu uns.

„Die meisten Menschen in unserem Kulturkreis verbinden mit dem Weinen unangenehme Gefühle. Das macht es auch so schwer, einem Menschen jeden Alters beim Weinen zuzuhören, dabeizubleiben und ihm zuzutrauen, das Weinen selbst zu beenden, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“

Nun ist es ja so, dass wir uns als Eltern wünschen, dass es unseren Kindern immer gut geht. Aber wenn sie weinen, schreien und leiden, dann leiden die Eltern mit. Es ist nur zu verständlich, dass diese dann alles tun, damit ihre Kinder damit aufhören. Gerade das Weinen eines kleinen Babys berührt die Mamaseele stark. Welches sind deine besten Tipps für Eltern, wenn das Baby/Kleinkind schreit?

Das Baby kann ja seine Bedürfnisse nicht mit der Sprache ausdrücken, also braucht es andere Möglichkeiten dafür. Wie wir alle wissen, drückt das Baby mit dem Weinen viele Bedürfnisse aus und es ist nicht immer leicht zu erkennen, worum es gerade geht. Wenn Du weißt, dass alle anderen Bedürfnisse wie z.B. Hunger, Durst, Schmerzen und Unwohlsein, sich geliebt und beschützt fühlen, erfüllt sind, dann kann es auch das Bedürfnis nach WEINEN sein. (Die Liste der Bedürfnisse ist nicht vollständig.)

Jetzt komme ich auf Deine Frage nach den besten Tipps zurück:

  1. Stelle Dir vor, dein Baby erzählt dir mit dem Weinen alles, was in letzter Zeit zu viel war. Viele Erlebnisse, die zwar schön waren, dein Baby aber noch nicht verarbeiten konnte, weil ihm einfach noch die Erfahrung fehlt.
  2. Suche dir einen bequemen Platz, nimm Dein Baby in den Arm und höre ganz ruhig zu, was dir dein Kind erzählt. Du kannst deinem Baby dabei Sicherheit geben, dass alles in Ordnung ist und dass es irgendwann fertig erzählt hat und es von selbst aufhören wird, zu weinen.
  3. Wenn Du das Kind dabei beobachtest und bemerkst, wie es am Anfang ganz angespannt ist, oft durchgestreckt ist und nach und nach immer „weicher“ wird und am Schluss entspannt und glücklich in deinem Arm liegt, dann ist das der Lohn.
  4. Babys die nach Bedarf „ausweinen“ können, sind oft zufriedener, spielen und beschäftigen sich gerne und schlafen unkomplizierter.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen,

–        dass beim „spannungslösenden Weinen lassen“ das Baby nicht alleine sein darf und dass das Weinen nicht immer die richtige Antwort ist,

–        das sich das Baby nur entspannen kann, wenn auch der Erwachsene, der es begleitet, entspannt ist und dafür einen sicheren Rahmen anbieten kann.

Mehr dazu in meinem Buch.

„Dieses Buch richtet sich an Eltern, Pädagoginnen und an alle Menschen, die dem spannungslösenden Weinen mehr Platz in ihrem Leben geben wollen.“

Wo kann ich dein Buch kaufen, bzw. gibt es eine Möglichkeit, mit dir persönlich in Kontakt zu treten, wenn ich Fragen zum Thema Weinen habe?

Du findest mein Buch bei Kokomoo oder direkt über BoD.

Mit der ISBN Nummer 978-3-902625-78-6 kannst Du es auch sonst überall bestellen.

Ich freue mich über Fragen. Erreichbar bin ich unter: elisabeth@salmhofer.cc

Liebe Daniela, ich danke Dir für Dein Interesse an diesem wichtigen Thema!

Ich danke dir, liebe Elisabeth, für das Beantworten all meiner Fragen und dafür, dass du einem sehr wichtigen Thema deine Zeit widmest und Raum gibst!

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