Warum freie Bewegungsentwicklung für dein Baby sinnvoll ist

30 Jul, 2021

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Baby im vierfüßlerstand greift nach bunten Ringen
Daniela Scheurer - Pikler SpielRaum Burgenland

Hallo, hier schreibt Daniela.

Ich unterstütze dich dabei, eine respektvolle und authentische Beziehung zu Kindern zu leben, ohne dabei deine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Auf meinem Blog findest du Infos zur Pikler-Pädagogik, Tipps rund um das Leben mit Kindern, sowie Spielideen und Geschichten. Mach es dir einfach, lehn dich zurück und genieße.

Lilo ist 9 Monate alt und zieht sich mit den Händen den Holzboden entlang. Ein Ball hat ihr Interesse geweckt. Langsam geht es voran, es sieht anstrengend aus. Aber Lilo lächelt, als sie einer Schüssel begegnet. Sie ergreift sie und dreht sich damit schwungvoll auf den Rücken. Ihren Kopf legt sie vorsichtig und langsam am harten Boden ab. Lilo erkundet die Schüssel mit ihrem Mund, dreht sie in ihrer Hand, gibt sie von einer in die andere. Als sie damit fertig ist, dreht sie sich erneut auf den Bauch, erblickt den Ball, der sie schon vorhin interessiert hat und beginnt erneut mit ihren Vorwärtsbewegungen.

Ihre Mama Alex sitzt daneben und schaut Lilo zu. Sie schiebt ihr nicht den Ball zu, damit sie ihn schneller greifen kann. Alex hat sich dazu entschieden, Lilo die Welt selbstständig und unabhängig erkunden zu lassen. „Damit sie alleine spielen kann und später nicht so viele Unfälle hat“ sagt sie.

Was bedeutet freie Bewegungsentwicklung?

Als freie Bewegungsentwicklung wird die selbstbestimmte Aneignung motorischer Fertigkeiten ohne Eingreifen eines Erwachsenen bezeichnet.

Die Kinderärztin Emmi Pikler hat die selbstständige Bewegungsentwicklung jahrelang erforscht und kam zu dem Schluss, dass jeder gesunde Säugling die Fähigkeit besitzt, ganz von selbst und ohne Einwirkung von außen zum freien Gehen zu gelangen.

Im Gegensatz zur Spielentwicklung ist die Entwicklung der Motorik nicht linear. Das bedeutet, dass es keine eindeutige Abfolge der Entwicklungsschritte gibt. Es gibt Kinder, die zuerst stehen, bevor sie frei sitzen. Andere wiederum sitzen und krabbeln zuerst, bevor sie sich zum Stehen hochziehen.

Die Entwicklung der motorischen Fähigkeiten gibt keinen Aufschluss über den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes. Emmi Pikler hat nicht nur vielfältige Varianten, sondern auch große zeitliche Unterschiede in der Bewegungsentwicklung beobachtet. Es gibt Kinder, die bereits mit 12 Monaten ihre ersten freien Schritte machen. Andere lassen sich mehr Zeit. Ein Kind, das erst mit 20 Monaten gehen lernt, kann nicht von vornherein als entwicklungsverzögert betrachtet werden. Vielmehr ist es wichtig, seinen Entwicklungsstand an seinem Spielverhalten abzulesen.

Eine Übersicht über die Spiel-und Bewegungsentwicklung im ersten Lebensjahr findest du in meinem E-Book „Mein erstes Lebensjahr“!

Was bedeutet eine freie Bewegungsentwicklung für mein Baby?

Wenn du dich dafür entscheidest, deinem Kind eine freie Bewegungsentwicklung zu ermöglichen, kann das zahlreiche Vorteile für dein Kind haben. Fünf davon stelle ich dir kurz vor:

1) Es „trainiert“ sich selbst

Indem dein Baby strampelt und die Arme bewegt, seinen Kopf hin und her bewegt, sich am Boden wälzt, sich im Kreis dreht und so weiter trainiert es seine ganze Muskulatur. Es streckt die Wirbelsäule, indem es die Beine zum Mund führt. All diese Bewegungen sind wichtig. Das Baby stärkt seinen Körper und trainiert genau die Muskulatur, die für das Krabbeln und spätere Aufrichten wichtig sind.

2) Es lernt seinen Körper kennen

Das Baby, das sich frei bewegen darf und dabei nicht eingeschränkt ist, lernt seinen Körper und dadurch sich selbst kennen. Es lernt, wie es seine Gliedmaßen, seinen Po, seine Hüfte so einsetzen kann, dass es seinem Ziel näher kommt. Dadurch erhält es ein Körperbewusstsein, das sich später als Selbstbewusstsein in seinem Verhalten widerspiegeln wird.

Ayla macht Erfahrungen mit dem Gleichgewicht. Sie weiß, dass sie sich mit ihrer Hand abstützen muss, um nicht nach vorne zu kippen.

3) Es kann selbst wählen, welche Position es einnehmen möchte

Ein Baby, das selbstständig in eine sitzende Position gelangt, hat bereits genügend Erfahrungen gesammelt, um daraus wieder in die Bauch-oder Seitenlage zu kommen. Wenn ihm also eine Position (z.B, die Bauchlage) nicht mehr behagt, weil der Kopf zu schwer geworden ist oder das Spielzeug am Bauch nicht so gut erkundet werden kann, kann es sich in eine bequemere oder für die Situation passendere Position begeben.

4) Es kann selbstständig Spielsachen erreichen

Dein Baby lernt, sich so fortzubewegen, dass es seine Ziele erreichen kann. Es streckt sich, dreht sich, windet sich. Eine kleine Bewegung mit der Hüfte, kann es ein Stück näher zum gewünschten Objekt bringen. Oder vielleicht setzt es seine Zehen zum Schieben ein. Wie auch immer – die Experimente mit dem eigenen Körper verleihen ihm Autonomie. Wenn es selbst das begehrte Spielzeug erreichen kann, ist es unabhängiger von einem Erwachsenen. So wird ein zufriedenes Spielen möglich.

Baby im vierfüßlerstand greift nach bunten Ringen
Emilia bewegt sich sicher durch den Raum und erkundet die Dinge, die ihr Interesse wecken, selbstständig

5) Es fühlt sich kompetent

Dein Baby lernt, mit schwierigen Situationen selbstständig umzugehen (z.B. das Überwinden von Hindernissen). Es setzt sich eigenständig Ziele, die es weder über-noch unterfordern. Wenn es dieses Ziel erreicht hat, wird es sich freuen und sich ein höheres Ziel setzen, anfangs noch ganz unbewusst. Diese positiven Erfahrungen entwickeln sich allmählich zu einem großen Vertrauen in sich selbst.

Wie kann ich die freie Bewegungsentwicklung meines Kindes unterstützten?

Damit dein Baby all diese motorischen Fähigkeiten bis zum selbstständigen Gehen entwickeln kann, braucht es Liebe, Zeit und Raum. Die emotionalen Bedürfnisse müssen erst gestillt sein, damit es sich auf sein Spiel einlassen kann. Es ist für dein Baby immer fein, wenn du beim Spielen neben ihm sitzt und ihm zusiehst. Du kannst dich mit ihm an seinen nächsten Schritten erfreuen und es dabei genauer kennenlernen. Ist dein Baby eher vorsichtig? Wird es schnell wütend, wenn etwas nicht funktioniert, oder dreht es sich dann um und sucht sich etwas Neues?

Dein Baby braucht Zeit, um einen Meilenstein zu erreichen. Indem du deinem Baby beim Spielen und Bewegen zusiehst, kannst du jeden Tag die Minischritte entdecken, die es gelernt hat. Wenn es sich in einer Position sicher genug fühlt, wird es eine neue ausprobieren.

Du kannst deinem Baby einen geschützten Raum zum Spielen und Experimentieren zur Verfügung stellen. Damit es sich frei bewegen kann, sollte der Raum immer so vorbereitet sein, dass der nächste Schritt möglich werden kann. Dreht sich dein Baby also zur Seite, räume ihm so viel Platz ein, dass seine erste Bauchlandung auch gelingen kann.

Viele Tipps rund um das Spielen und Bewegen im ersten Lebensjahr findest du in dem E-Book „Mein erstes Lebensjahr“!

Was kann ich tun, wenn ich keine Fortschritte erkennen kann?

Wenn du Sorge hast, dass die Entwicklung deines Babys stagniert, solltest du dich unbedingt an eine Fachperson wenden. Deine Fragen sind wichtig und keine davon sollte unbeantwortet bleiben.

Ich unterstütze dich gerne mit einem Beratungsgespräch zur vorbereiteten Umgebung oder einer Entwicklungsanalyse. Wenn du in der Nähe wohnst, begleite ich dich auch gerne in meinem Pikler-SpielRaum in Kaisersdorf (Bezirk OP) oder Steinbrunn (Bezirk EU) im Burgenland.

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